7. Januar 2012 bis 11. Februar 2012

Marianne Eigenheer

Ausgeschlagen: Sperrige Leihgabe/Freudenhaus

Nach oben springen sie auf, platzen aus ihrer Form und hängen in der Fläche. Fies und fein, feierlich ironisch anmutend  nehmen sie sich ihren Platz an der Wand. Auch wenn die Zeichen fordern, die Nähe zur BetrachterIn suchen, bleiben sie verwirrend, rätselhaft. Das richtige Wort um die Malerei zu beschreiben fehlt, denn Zeichen ist eigentlich nicht richtig. Ein Zeichen setzt etwas Bezeichnetes voraus. Diese Referenz zu einem bestimmten Aspekt der Wirklichkeit, der als Zeichen abstrahiert und damit in die Allgemeinheit überführt wird, funktioniert nicht für die Arbeiten von Marianne Eigenheer. Da die Semiotik als Toolbox verschlossen ist, bleibt einem als Annäherung nur die eigene Sprache. Buchstaben aneinanderzureihen, wie Pflastersteine einen Weg bauen: Die eigene Wahrnehmung und seine Lesegewohnheiten hinterfragen und sich taumelnd fortbewegen. Ein Stakkato und ein lauter Schrei, gefallen wird täglich. Hände aufgeschlagen und Berge heruntergerollt. Es ziept und zieht und tut sperrig. Man legt sich unterhalb.

Die Dynamik der Anordnung  auf beiden Wänden im Ausstellungsraum versetzt den Raum in Schwingung, so als hätten sich die Bilder eigens für ihr vorübergehendes Aufscheinen ebendiesen Raum ausgesucht. Denkt man über Marianne Eigenheers aktuelle Arbeiten mit dem Titel „Les guédés dansent toujours" nach, kommt man nicht umhin, diesen Zeichen ein Eigenleben anzudichten. Die Arbeiten entstehen unmittelbar, aus dem Moment heraus und werden als umfassender Ausdruck des Augenblicks, eines inneren Zustandes, auf die Wand gebracht. Insofern scheint es richtig, Marianne Eigenheers Bildzeichen eine geheime Identität zuzusprechen, auch wenn sie unter der Haut der Künstlerin „entstehen", irgendwo zwischen Fuss, Herz, Bauch und Kopf, sind sie blosser Ausdruck, autonome Phänomene.

Die Dicherin Friederike Mayröcker erklärte in einem Interview, sie sehe alles in Bildern. In diese Bilder „steige" sie „ein", solange bis diese zu Sprache werden. In diesem Beschrieb der Arbeitsweise sehe ich Parallelen: Marianne Eigenheer reist, vor dem Papier, der Wand stehend, in ihr Inneres, eine Introspektion der in gegenstandslose Strichführung mündet.

Der Zusammenhang zwischen Bildmotiv und leerem, unbearbeitetem Bildgrund unterstreicht die temporäre Präsenz einer Erinnerung: Einerseits fungiert das Weiss der Wand als Fläche, auf der sich die Formen materialisieren und andererseits scheint sie als weitere Form, als zusätzliche Bildwirklichkeit auf. Das Nacheinander, die Dramaturgie, der werkzeughaften, organischen Formen, verdeutlichen den Prozess.  Was war zuerst und wo begann die Ausdehnung, die Verzahnung zwischen innerer und äusserer Welt? Eine abschliessende Beantwortung darf sich schenken, wer mag, die Stirn in Falten legen und auf weitere Einfälle in Räume warten.